Lösungsvorschlag zur 1. Klassenarbeit
Hinweis:
Der Text ist mit Ziffern und Buchstaben gegliedert, um den Bezug
zur Aufgabenstellung zu verdeutlichen.
(1) Die vorliegende Textstelle zeigt den
Heiratsantrag Adelberts von Weislingen an Götz’
Schwester Maria. Weislingen ist Götz’ Gefangener auf Schloss
Jagsthausen, nachdem er,
obwohl ebenfalls ein Reichsritter wie Götz von Berlichingen, als
Vasall des Bischofs von
Bamberg infolge einer Fehde zwischen dem Bischof und Götz in dessen
Hände gefallen war.
Obwohl es in dieser Szene so aussieht, als ob zwischen Götz und
Weislingen die
Jugendfreundschaft wiederhergestellt würde, wird Weislingen im II.
Akt wieder ‚rückfällig’
und arbeitet für den Bischof von Bamberg. Grund dafür sind die
Verführungskünste
Adelheids von Wallberg.
(2) Maria erwähnt zu Beginn des Textauszugs, dass ihr Bruder bereits
hoffte, seinen alten
Jugendfreund "wiederzufinden" (S. 24, Z. 16 f.) als er in die Fehde
auszog. In dieser
Äußerung spiegelt sich Götz’ unvoreingenommenes, gutgläubiges
Wesen, der selbst in
seinen erbittertsten Widersachern noch das Gute sieht.
Jetzt betritt Götz die Szene mit der Nachricht, dass der Knabe
Weislingens gekommen sei (S.
24, Z. 32 f.). Auch in dieser Situation zeigt Götz von Berlichingen
mehrfach seinen Charakter
der offenen und naiven Mitmenschlichkeit: (a) Er lässt den
Knaben seines einstigen
Widersachers von seiner Frau bewirten, während dieser ihm auch noch
schlechte Nachrichten
vom Verbleib seines eigenen Knaben übermittelt, der sich in der
Gewalt des Bischofs
befindet. (b) Anschließend reicht Götz Weislingen die Hand und
erklärt ihn für frei; er
verlangt als Gegenleistung lediglich dessen Ehrenwort (S. 24, Z. 37
f.). Dies zeugt von
seinem Vertrauen zu Weislingen und von seinem Glauben daran,
dass ein Mensch sich
ändern kann. (c) In der künftigen Heirat Weislingens mit Maria sieht
Götz ein Zeichen dieser
Versöhnung und Freundschaft (S. 25, Z. 5 f.)
Danach wird selbst der unheilvolle Traum der vorangegangenen Nacht
von Götz falsch
gedeutet - er ist sogar am Tag "wie träumend" (S. 25, Z. 12). In
diesem Moment wird uns
Götz von Berlichingens Wesen mit all seinen Fehlern eindrucksvoll
beschrieben - alle Zweifel
werden von unerschütterlichem Optimismus weggewischt. Auch
als er selbst andeutet, dass
Weislingens Güter in einem so schlechten Zustand seien, dass sie
wohl kaum eine Familie
ernähren könnten, beruhigt er sich wieder bei der Beschreibung von
dessen geografischer
Lage (S. 25, Z. 27 f.). Er ist, wie seine Schwester Maria anmerkt,
"in voller Freude" (S. 25, Z.
21) und ohne Blick für die Realität.
(3) Doch Maria wird bitter enttäuscht werden, denn Weislingen lässt
sie schon bald sitzen und
zieht ihr die attraktivere, reichere und einflussreichere Adelheid
von Walldorf vor. Obwohl
Maria später einen anderen heiratet, zeigt sie am Ende der Handlung
immer noch Zuneigung
für Weislingen, indem sie ihm, obwohl das Leben ihres Bruders von
Weislingen abhängt,
Trost spendet, da dieser seinen Fehler, auf die kaltherzige Adelheid
hereingefallen zu sein,
erkennt - und mit dem Leben bezahlt. Das lässt ihre geschwisterliche
Seelenverwandtschaft
zu Götz von Berlichingen erkennen.
Lösungsvorschlag zur 2.
Klassenarbeit
Johann Wolfgang Goethe dramatisierte 1771 in seinem Werk "Götz von
Berlichingen" die Denkwürdigkeiten des Ritters Götz, dessen
Lebensbeschreibung 1731 erschienen war und offenbar die Fantasie des
jungen Dichters der Sturm und Drang Epoche beflügelte.
In
der vorliegenden Textstelle spielt sich der Heiratsantrag Adelberts
von Weislingen an Götzens Schwester Maria ab. Weislingen ist Götzens
Gefangener auf Schloss Jagsthausen, nachdem er, obwohl ebenfalls ein
Freiherr wie Götz von Berlichingen, als Vasall des Bischofs von
Bamberg infolge einer Fehde zwischen dem Bischof und Götz in dessen
Hände gefallen war. Weislingen ist also eigentlich Götzens
unmittelbarer Gegenspieler in diesem Konflikt.
Die
Szene setzt ein mit einem Dialog zwischen Weislingen und Maria, in
dem Maria offenbar auf die Liebeserklärung Weislingens antwortet
(Seite 29, Zeile 31ff.). Weislingen, der sich sicherlich Vorteile
für seine Situation als Gefangener erhofft, gibt sich ganz als
großer Liebhaber, der seiner Angebeteten schmeichelt (Seite 29,
Zeile 36ff.). Maria, die allzu große Zudringlichkeit mit dem Verweis
auf "Bedingungen" (Seite 30, Zeile 4) zurückweist, hat bereits vom
Ruf Weislingens als Frauenheld durch ihren Bruder erfahren und ist
sich der Gefahr bewusst. In diesem Moment und im weiteren Verlauf
der Handlung zeigt sich deutlich, dass die beiden Frauen - Götzens
Frau Elisabeth und seine Schwester Maria - die weitaus
vorsichtigeren Charaktere im gesamten Drama darstellen. Im Folgenden
führt Maria Lehren aus der Zeit, in der sie in einem Kloster
aufwuchs, an, nach denen "Liebkosungen [...] wie Ketten" (Seite 30,
Zeile 8) seien und nimmt mögliche Einwände Weislingens gleich
vorweg, in dem sie sagt, die Äbtissin des Klosters sei nicht
weltfremd gewesen, sondern hätte aus Selbsterfahrung gelehrt (Seite
30, Zeile 12ff.). Als Maria anschließend ihre Hand von Weislingen
zurückzieht, bekräftigt sie ihre Zweifel (Seite 30, Zeile 19). Hände
haben auch später in dieser Szene noch große symbolische Bedeutung.
Nun
erwähnt Maria, dass ihr Bruder bereits hoffte, seinen alten
Jugendfreund "wiederzufinden" (Seite 30, Zeile 28), als er in die
Fehde auszog. Hier kommt klar das unvoreingenommene, gutgläubige
Wesen Götzens zum Vorschein, der selbst in seinen erbittertsten
Widersachern noch das Gute sieht. Die Äußerung Weislingens, erst
"die Verwaltung" seiner "Güter" (Seite 30, Zeile 29ff.) in Ordnung
bringen zu müssen, entlarvt seine Karrieresucht und relativiert
seine Schmeicheleien. Maria erkennt dies und mit den Worten, "auch
der Aufschub hat seine Freuden" (Seite 30, Zeile 33) stellt sie ihn
auf die Probe. Jedoch auch sie erhofft sich Gewinn aus dieser
Beziehung, denn Weislingen stellt für sie einen Mann von Welt dar -
im Gegensatz zu ihrer eigenen Perspektive in der Obhut ihres Bruders
auf Schloss Jagsthausen.
Jetzt
betritt Götz die Bildfläche mit der Nachricht, dass der Knabe
Weislingens gekommen sei (Seite 31, Zeile 5f.). Auch in dieser
Situation zeigt Götz von Berlichingen mehrfach seinen Charakter der
offenen und ebenso naiven Mitmenschlichkeit. Er lässt den Knaben
seines einstigen Widersachers von seiner Frau bewirten, während
dieser ihm auch noch schlechte Nachrichten vom Verbleib seines
eigenen Knaben, der sich in der Gewalt des Bischofs befindet,
verkündet (Seite 31, Zeile 5ff.). Anschließend reicht er - Götz -
Weislingen die Hand und erklärt ihn für frei, verlangt dafür jedoch
lediglich dessen Ehrenwort (Seite 31, Zeile 12ff.). Weislingen
greift allerdings nicht nur nach Götzens Hand, sondern hält
gleichzeitig auch noch um die Hand seiner Schwester Maria an (Seite
31, Zeile 16ff.). Als Götz Maria fragt, ob sie denn auch wolle,
prallen seine Gutgläubigkeit einerseits, die Zweifel seiner
Schwester und die offensichtliche Falschheit Weislingens offen
aufeinander (Seite 31, Zeile 22ff.).
In
der Folge wird selbst der unheilvolle Traum der vorangegangenen
Nacht von Götz falsch gedeutet - er ist sogar am Tag "wie träumend"
(Seite 31, Zeile 33). In diesem Moment, die Szene gehört noch zur
Exposition des Dramas, wird uns Götz von Berlichingens Wesen mit all
seinen Fehlern eindrucksvoll beschrieben - alle Zweifel werden von
unerschütterlichem Optimismus weggewischt. Auch als er selbst
andeutet, dass Weislingens Güter in solch schlechtem Zustand seien,
dass sie wohl kaum eine Familie ernähren könnten, lässt er sich
wieder bei der Beschreibung dessen geografischer Lage einlullen
(Seite 31, Zeile 39ff.). Er ist, wie seine Schwester Maria anmerkt,
"in voller Freude" (Seite 32, Zeile 3) und ohne Blick für die
Realität.
Doch
Maria wird bitter enttäuscht werden, denn Weislingen lässt sie schon
bald sitzen und zieht ihr die schönere, reichere und
einflussreichere Adelheid von Walldorf vor. Obwohl Maria später
einen anderen heiratet, zeigt sie am Ende der Handlung immer noch
Zuneigung für Weislingen, in dem sie ihm, trotzdem das Leben ihres
Bruders von Weislingen abhängt, Trost spendet, da dieser seinen
Fehler, auf die kaltherzige Adelheid hereingefallen zu sein, erkennt
- und mit dem Leben bezahlt. Das lässt ihre geschwisterliche
Seelenverwandtschaft zu Götz von Berlichingen erkennen.
Die
bittere Ironie dieser Szene (Seite 105, Zeile 11ff.) wurde von
Goethe ganz bewusst gewählt. Dem einstigen Frauenheld Weislingen
wird ausgerechnet von der Frau, die er ins Unglück stürzte, in
seiner Todesstunde vor Augen geführt, dass der wahre Ritter sich
durch Barmherzigkeit auszeichnet. Seine innere Zerrissenheit lässt
ihn zunächst an Wahn glauben, doch der "Engel des Himmels" der ihm
die "Qualen der Hölle" (Seite 105, Zeile 20f.) bringt, ist
wahrhaftig erschienen, um Götzens Begnadigung zu erbitten. Doch
nicht nur sprachlich macht Goethe dabei den Gegensatz der Figuren
deutlich. Weislingen kann Maria das Gnadengesuch für Götz nicht
ablehnen, während er selbst durch das Gift von Adelheid stirbt.
Lösungsvorschlag zur 3.
Klassenarbeit
Das Drama "Götz von
Berlichingen" wurde von Johann Wolfgang Goethe zwischen Ende Oktober
und Anfang Dezember 1771 geschrieben und dramatisiert die
Lebensbeschreibung des Ritters Götz.
Die vorliegende
Textstelle beschreibt die Situation, in der Götzens Freund Franz von
Sickingen mit seiner Schwester Maria verlobt wird und er
gleichzeitig von der Verhängung der Reichsacht gegen ihn erfährt.
Maria, die von Weislingen ins Liebesunglück gestoßen wurde, ist
offenbar in ihrer Verfassung leicht empfänglich für männliche
Zuneigung.
Die Achterklärung
gegen Götz geht auf seine Händel mit der freien Reichsstadt Nürnberg
zurück und wurde vor allem von seinem Kontrahenten Weislingen
forciert, der Götzens Ansehen aus Neid schmälern will.
Die Szene setzt ein,
als Götz seinem zukünftigen Schwager Sickingen mitteilt, dass ihm
die Acht erklärt wurde, indem er ihm den kaiserlichen Brief zeigt
(Seite 58, Zeile 22ff.). Als Sickingen ihm sofort seine militärische
Hilfe anbietet (Seite 58, Zeile 30), zeigt sich deutlich, wer seine
wahren Freunde sind. Sie sind aus demselben Holz wie Götz
geschnitzt, geradlinig und hilfsbereit, ohne Rücksicht auf eigene
Gefahren - ein solches Angebot hätte er von seinem einstigen
Jugendfreund Weislingen nie gemacht bekommen.
Daraufhin lehnt Götz
jedoch ebenso uneigennützig ab, da er weiß, dass Sickingen ein hohes
Ansehen bei Kaiser Maximilian genießt, bisher unbescholten ist und
darüber hinaus höhere politische Ziele verfolgt, die durch eine
offene Parteiergreifung für Götz gefährdet wären. Außerdem erhofft
er sich durch dessen Einfluss spätere Hilfe in seiner vertrackten
Situation (Seite 58, Zeile 32ff.).
Bei seinen
Ausführungen verharmlost Götz die Gefahr, die von der drohenden
Reichsexekution ausgeht, indem er die fehlende "Tapferkeit" (Seite
59, Zeile 7) der Helfer seiner Gegner herausstreicht und davon
ausgeht, dass man seine militärischen Fähigkeiten sicher
unterschätzen werde. Einmal mehr wird hier Götzens
unerschütterlicher Optimismus sichtbar (Seite 59, Zeile 5ff.).
Nun von Sickingen auf
seine zahlenmäßige Unterlegenheit angesprochen, entgegnet Götz von
Berlichingen mit einer symbolischen Darstellung seiner Stärken, die
mehrfach in diesem Drama auftaucht und von großer Bedeutung ist. Er
sagt: "Ein Wolf ist einer ganzen Herde Schafe zu viel" (Seite 59,
Zeile 17). Als den Wolf sieht er sich selbst, der, gleichsam den
einfachen Naturgesetzen folgend, auf Nahrungssuche seine Beute reißt
und dabei die - unnatürliche - Ordnung des Menschen, in der der
Erwerb der Besitzergreifung vorausgeht, ignoriert. Hier
versinnbildlicht Johann Wolfgang Goethe das Aufeinanderprallen der
verschiedenen Rechtsordnungen am Ende des Mittelalters. Der
althergebrachten Rechtsauffassung Götz von Berlichingens, in der das
Faustrecht gilt und spontane, instinktive Entscheidungen dominieren,
wird die moderne Auffassung des Reichsfriedensrechts nach den
Grundsätzen der römischen Rechtsprechung gegenübergestellt, bei der
nach festgelegten Normen und Schemen Entscheidungen getroffen
werden. Mit der Charakterzuordnung der Personen des Dramas zu den
jeweiligen Rechtsnormen macht Goethe deutlich, dass Götz dieses
"neue Recht" höchst zuwider ist.
Auch im weiteren
Verlauf dieser Szene wird das Handeln nach Verhaltensmustern
abgelehnt, als nämlich Götz anmerkt, dass das militärische Vorgehen
nach vorgeschriebenen Schlachtplänen, wie es von den Truppen der
Reichsexekution zu erwarten ist, letztlich nicht zum Erfolg führen
kann (Seite 59, Zeile 19ff.), lässt es doch die individuellen
Begebenheiten der jeweiligen Situation außer Acht.
In der Folge gibt
Götz selbst zu, dass er in großer Gefahr ist, denn er möchte seine
Schwester Maria bald in sicherer Obhut seines Freundes Sickingen und
nicht in seinem Schloss wissen (Seite 59, Zeile 33ff.). Wieder zeigt
sich Götzens Charakter der Selbstlosigkeit. Indem er die Gefahren
für sich selber leugnet oder über sie hinweggeht, lässt sich
erahnen, dass er kein gutes Ende nehmen werde. Sein gestörtes
Verhältnis zur Realität dieser eher als schlecht dargestellten Welt
muss letztlich zum Scheitern führen und das erste große Unglück mit
der Belagerung seines Schlosses Jagsthausen und seiner
anschließenden Gefangennahme wird schon bald folgen.
Analog zu den
Gegensätzen in den Rechtsauffassungen stellt Goethe in seinem Drama
auch die völlig konträren Charaktere der Figuren Götz von
Berlichingen auf der einen und Adelbert von Weislingen auf der
anderen Seite gegenüber. Götz verkörpert den Helden, der mit den
ritterlichen Tugenden Erbarmen, Milde, Ehre, Treue und ritterliches
Benehmen ausgestattet ist und Gleichgesinnte wie den hier in
Erscheinung tretenden Franz von Sickingen um sich schart. Sein
Gegenpart Weislingen, der sogar gemeinsam mit Götz am Markgräfischen
Hof erzogen wurde (Seite 20, Zeile 37ff.), hat ihm in fast allen
Charakterbeschreibungen des Dramas (z. B. Seite 21, Zeile 31ff.) nur
negative Eigenschaften entgegenzusetzen. Vor allem aber fehlt ihm im
Vergleich zu Götz, Selbitz oder Sickingen ein wesentliches Merkmal
eines Ritters: der Drang nach Freiheit und Unabhängigkeit (Seite 23,
Zeile 36ff.). Stattdessen hat er sich aus Karieresucht zum
"Vasallen" und "ersten Hofschranzen eines eigensinnigen neidischen
Pfaffen" (Seite 22, Zeile 4ff.), nämlich dem Bischof von Bamberg
gemacht.
Die Tragik des Helden
Götz von Berlichingen liegt jedoch in seinen eigenen Tugenden
begründet. Er erwartet von Adelbert von Weislingen die selbe
ritterliche Treue und Loyalität, die ihm selbst zu eigen ist, als er
lediglich dessen "Hand" (Seite 31, Zeile 13ff.) darauf verlangt, ihm
künftig keinen Schaden mehr zuzufügen und Weislingen obendrein die
"Hand" (Seite 31, Zeile 19ff.) seiner Schwester Maria dazu
verspricht. Goethes Held wird Opfer seiner Tugendhaftigkeit. |